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Bundeswirtschaftsministerium ruft Alarmstufe aus

Das Bundeswirtschaftsministerium hat am 23.06.2022 die Alarmstufe des Notfallplans Gas ausgerufen. Welche Folgen hat das für die Betriebe? Wir informieren.

Am Donnerstag, 23. Juni 2022, hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) die zweite Stufe im Notfallplan Gas, die sogenannte Alarmstufe, ausgerufen, um die Verbraucher auf Engpässe vorzubereiten. Die Alarmstufe folgt auf die am 30. März 2022 ausgerufene Frühwarnstufe. Das BMWK hat in einer Pressemitteilung als Grund für die Ausrufung der Alarmstufe „die seit dem 14. Juni 2022 bestehende Kürzung der Gaslieferungen aus Russland und das weiterhin hohe Preisniveau am Gasmarkt" angegeben.

Versorgungssicherheit gewährleistet, erheblich teurere Gaspreise zu erwarten

In der Alarmstufe funktioniert der Markt weiterhin und kann die Versorgung sicherstellen. Seitens des BMWK wurde die Gasversorgungslage angespannt genannt – „aktuell“ sei die Versorgungssicherheit aber noch gewährleistet. Die Gasspeicher für den Herbst und Winter füllen sich weiterhin und sind aktuell zu 60 % gefüllt, allerdings aufgrund der Kürzung der Gaslieferungen aus Russland nur noch halb so schnell. Die Gefahr liege in der Zukunft: Wenn die Hauptpipeline Nordstream I wie derzeit nur 40 % liefere, sei der angestrebte Speicherstand von 90 % im Dezember nicht ohne Zusatzanstrengungen erreichbar. Eine weitere Belastung ist absehbar: Ab 11. Juli ist eine anstehende Wartung der Pipeline geplant. Sie könnte zwei Wochen dauern. In den vergangenen Jahren wurde während solcher Wartungsarbeiten auf die Gasspeicher in Deutschland zurückgegriffen, um den geringeren Gasimport auszugleichen. Es wird auch nicht für ausgeschlossen gehalten, dass Russland die anstehende zweiwöchige Pipelinewartung mit geplanter Lieferunterbrechung zum Anlass nimmt, anschließend gar kein Gas mehr zu liefern.  

Nach Einschätzung von Bundeswirtschaftsminister Habeck sind wir „in einer Gaskrise. Gas ist von nun an ein knappes Gut. Die Preise sind jetzt schon hoch, und wir müssen uns auf weitere Anstiege gefasst machen“. Das wird „für viele Verbraucherinnen und Verbraucher eine große Last werden“, so Habeck. Experten schätzen, dass es in nächster Zeit zu einer Verdrei- oder sogar Vervierfachung der Gaspreise gegenüber dem bisherigen Niveau kommen könnte. 

Ausblick – baldige Ausrufung der dritten Stufe mit staatlichen Gasrationierungen? 

Die Alarmstufe bringt noch keine staatlichen Eingriffe in den Gasmarkt. Nach der Alarmstufe könnte jedoch die dritte und letzte Stufe, die sogenannte Notfallstufe folgen, in der es zu staatlichen Gasrationierungen kommt. Man muss damit rechnen, dass diese dritte Stufe in der nächsten Zeit ausgerufen wird.  

Auch bei einer Ausrufung der Notfallstufe sind private Haushalte und andere Bereiche wie Krankenhäuser und Sicherheitskräfte besonders geschützt und sollen möglichst lange versorgt werden. Wie mit ZV-Newsletter berichtet hat der Präsident der Bundesnetzagentur Klaus Müller am 17. Mai in einem Interview mit der FAZ erklärt, dass sich bei Ausrufung der Notfallstufe auch Gewerbebetriebe mit einem Verbrauch von bis zu 1,5 Millionen Kilowattstunden Gas im Jahr keine Sorgen machen müssen – etwa Bäckereien und Supermärkte.  Aber auch größere Bäckereien mit einem höheren Verbrauch dürften nach unserem jetzigen Kenntnisstand bei der Gasversorgung priorisiert behandelt werden: Bei Unternehmen mit einem höheren Verbrauch, der über 1,5 Millionen Kilowattstunden Gas pro Jahr liegt, soll die Gasversorgung nach Angaben der Bundesnetzagentur im Notfall von sechs Kriterien abhängig gemacht werden, u.a. der Bedeutung des Unternehmens für die Versorgung der Allgemeinheit. Hinsichtlich der Einzelheiten verweisen wir auf unseren damaligen Newsletter-Beitrag hierzu. Nach Bewertung des Zentralverbandes dürfte bei allen größeren Bäckereien, die über der Verbrauchsgrenze von 1,5 Millionen Kilowattstunden liegen, maßgeblich zu berücksichtigen sein, dass die Unternehmen durch die Produktion von Lebensmitteln einen Beitrag zur Versorgung der Allgemeinheit erbringen – mit dem Ergebnis, dass auch Bäckereien mit einem Verbrauch von über 1,5 Millionen Kilowattstunden Gas im Jahr von einer Gasabschaltung nicht betroffen sein dürften.   

Preisanpassungsklausel soll vorerst nicht aktiviert werden

Für die Energieversorgungsunternehmen sind die Einkaufspreise für Gas stark gestiegen. Eine Weitergabe dieser Preise an Kunden und Betriebe ist ihnen aufgrund bestehender Lieferverträge derzeit nicht möglich. Mit der Ausrufung der Alarmstufe ist kein Automatismus verbunden, der es ihnen erlauben würde, die höheren Einkaufspreise gegenüber Kunden einseitig zu erhöhen. Hierzu müsste zusätzlich die Bundesnetzagentur (BNetzA) öffentlich eine „erhebliche Reduzierung der Gesamtgasimport-mengen" feststellen, was im § 24 des Energiesicherungsgesetz (EnSiG) geregelt ist, aber bislang noch nicht geschehen ist. Lt. Bundeswirtschaftsminister Habeck wird die Bundesnetzagentur trotz Ausrufung der Gas-Alarmstufe diesen sogenannten „Preisanpassungsmechanismus“ bis auf Weiteres noch nicht aktivieren. Experten rechnen allerdings derzeit damit, dass es dazu in den nächsten Wochen kommen könnte. 

Appell und Empfehlung des Zentralverbandes

Bundeswirtschaftsminister Habeck appellierte bei Ausrufung der Alarmstufe eindringlich an alle Verbraucher - sowohl in der Wirtschaft, in öffentlichen Einrichtungen wie in Privathaushalten -, den Gasverbrauch möglichst weiter zu reduzieren und Gas zu sparen. Er sprach von einer "trügerischen Sicherheit" im Sommer. "Aber der Winter wird ja kommen. Wir müssen also jetzt die Vorsorge treffen, um im Winter vorbereitet zu sein."  

Wir geben diesen Appell weiter – und empfehlen  

  • unseren Mitgliedsbetrieben, die mit Gasbacköfen backen, sich, soweit noch nicht geschehen, mit einer Umrüstung auf andere Energieträger zu beschäftigen. Hierzu gibt es technische Möglichkeiten, über die wir im nachfolgenden Newsletterbeitrag informieren.  

  • allen Mitgliedsbetrieben, sich mit dem Thema Energieeffizienz zu befassen und Energie zu sparen. Damit ein russischer Gaslieferstopp im kommenden Winter nicht zu einer Versorgungskrise führt, ist konsequentes Energiesparen jetzt das Gebot der Stunde. Anregungen dazu finden sich in unserem Newsletterbeitrag „Die energieeffiziente Bäckerei“. - Soweit in letzter Zeit nicht geschehen, sollten beispielsweise Heizungsanlagen gewartet werden. "Es macht Sinn, die Heizung vernünftig einzustellen", wird Bundeswirtschaftsminister Habeck zitiert. Dadurch seien Einsparungen von 15 Prozent möglich.  

Gemeinsam mit dem ZDH beobachten wir das Geschehen sehr genau. Der ZDH steht seinerseits in ständigem Kontakt zu BMWK und Bundesnetzagentur. Neben der Sicherstellung einer größtmöglichen Versorgungssicherheit der Handwerksbetriebe, die absehbar auf hinreichende Gaslieferungen insbesondere für ihre Arbeitsprozesse angewiesen sind, hat der ZDH auch die immer stärker steigenden Energiepreise im Blick, für die gerade die besonders betroffenen Betriebe noch nicht oder nicht adäquat in den staatlichen Hilfsprogrammen berücksichtigt werden. Der ZDH steht hierzu in intensivem Dialog mit dem BMWK. 

Weitere Informationen finden Sie in der vom BMWK veröffentlichten FAQ Liste - Notfallplan Gas. 

Über die weiteren Entwicklungen werden wir Sie unterrichten.